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Die problematische Erbschaft – Teil 3

Freitag, 2. März 2012 | Autor:

Text eines Vortrages zum Erbrecht vom 7.2.2012 – Fortsetzung 2

5) Der Tod des Mieters und das Mietverhältnis

Sehr kurzfristig wird häufig entschieden werden müssen, was mit der Wohnung des Ver­stor­be­nen geschehen soll. Hat der Verstorbene in einer eigenen Immobilie gewohnt, müs­sen sich zwangsläufig die Erben damit befassen. Hat der Verstorbene im Heim gelebt, er­ge­ben sich die Folgen aus dem Heimvertrag. Hat aber ein Mietvertrag bestanden, sind be­son­de­re Regelungen zu beachten (§ 563 ff BGB).

Bei all diesen Handlungen wird sich die Frage stellen, inwieweit die nächsten Angehörigen bzw. po­ten­zi­el­le Erben für die verstorbene Person handeln können, wenn das Testament noch nicht eröffnet wurde bzw. der Erbschein noch nicht vorliegt. Wenn eine Vor­sor­ge­voll­macht mit einer Generalvollmacht existiert, die über den Tod hinaus wirksam ist, kann der Be­voll­mäch­tig­te auf dieser Basis handeln. Dabei kommt es beim Mietvertrag des Ver­stor­be­nen zunächst einmal nicht auf die mögliche Erbenstellung an.

a) Wer kann das Mietverhältnis fortsetzen oder in den Mietvertrag eintreten?
Beim Tod eines Mieters ist es so, dass eine Person, die mit dem Verstorbenen zusammen Ver­trags­par­tei war, das Mietverhältnis allein fortsetzt. War der Verstorbene aber allein Ver­trags­par­tei, können die Personen, die mit dem Verstor­benen zusammen einen ge­mein­sa­men Haushalt geführt haben, in das Mietverhältnis ein­treten. Dabei gibt es eine Rei­hen­fol­ge: zunächst ist diese Möglichkeit dem Ehegatten oder Lebenspartner zugänglich, danach den Kindern oder sonstigen Ab­kömmlingen. Voraussetzung ist immer, dass man ge­mein­sam einen Haushalt geführt hat, d.h. dass die Person, die in das Mietverhältnis eintritt, be­reits in der Wohnung selbst lebt.

b) Was ist zu tun, wenn niemand in das Mietverhältnis eintreten will?
Ist eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht gewünscht, muss die Person, die für den Ein­tritt in das Vertragsverhältnis in Frage kommt, innerhalb eines Mo­nats, nachdem sie vom Tod des Mieters Kenntnis erhalten hat, dem Vermieter ge­gen­über er­klä­ren, dass sie in das Mietverhältnis nicht eintreten will. In diesem Falle müsste sie natürlich dann auch ausziehen.

c) Übergang des Mietverhältnisses auf den Erben
Gibt es keine Person, die auf dieser Basis in das Mietverhältnis eintreten könnte, weil der Mie­ter vor sei­nem To­de allein gelebt hat, geht das Mietverhältnis auf den/die Erben über. In die­sem Fal­le sind sowohl die Erben als auch der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis in­ner­halb ei­nes Mo­nats mit gesetzlicher Frist zu kündigen.

An dieser Stelle gibt es ein zeitliches Problem: Bis die Erbenstellung festgestellt ist, ver­ge­hen in der Regel mehrere Wochen bis Monate.

Deshalb ist es sehr weit verbreitet, dass beim Tode eines Mieters die nächsten Angehöri­gen durch Vereinbarung mit dem Vermieter das Mietverhältnis beenden, obwohl sie dies streng ge­nom­men gar nicht dürften, weil ihre Erbenstellung noch nicht festgestellt ist. Diese Hand­lungs­wei­se ist für alle Beteiligten rechtlich bedenklich, aber in der Praxis risikolos: der Ver­mie­ter fürchtet bei unklarer Situation, dass keiner mehr die Miete bezahlt, und vermietet lie­ber neu. Die Angehörigen, die ggfs. erwarten zu erben, möchten sich der Zahlungspflicht mög­lichst schnell entledigen. Ein sonstiger später festgestellter Erbe wäre ebenfalls froh, dass die Erbschaft nicht mit nutzlosen Mietzahlungen belastet worden ist.

Etwas anderes könnte sich nur ergeben, wenn die Wohnung besonders attraktiv und die Mie­te besonders günstig wäre: in diesem Fall könnte es sein, dass ein später festgestellter Er­be, der nicht mit in der Wohnung gelebt hat und daher kein eigenes, erb­schaft­su­nab­hän­gi­ges Eintrittsrecht hatte, das Mietverhältnis gern übernommen hätte. Dann aber hätte der Ver­mie­ter ohnehin dem Erben gegenüber das Mietverhältnis ohne besondere Gründe kün­di­gen können (um die Wohnung für einen höheren Mietpreis neu zu vergeben), so dass letzt­lich kein Schaden entsteht.

d) Verpflichtungen bei Beendigung des Mietverhältnisses
Angehörige, die nach einem Todesfall die Wohnung des Verstorbenen auflösen, müssen sich häufig mit der Fra­ge auseinandersetzen, ob sie renovieren müssen, und in Einzelfällen auch, ob sie rück­ständige Mieten zu übernehmen haben.

Hinsichtlich der Renovierungspflicht sieht es so aus, dass die entsprechende Klausel bei äl­te­ren Mietverträgen in aller Regel unwirksam sein wird. Ansonsten wird häufig darauf ver­wie­sen werden, dass entweder die Erbschaftsfrage noch ungeklärt ist oder keine Mittel (als Erb­schaft) vorhanden sind, um Mietrückstände auszugleichen. Im Üb­rigen kann der Ver­mie­ter auf das Deponat zurückgreifen.

Kann keine einvernehmliche Regelung erzielt werden, gilt Folgendes:

Mietschulden des Verstorbenen müssen vom Erben aus der Erbschaft ausgeglichen wer­den, unabhängig davon, ob es sich um rückständige Mieten oder Nebenkosten handelt. Er­weist sich die Renovierungsklausel des Mietvertrages als wirksam, muss auch renoviert wer­den. Hat der Vermieter wegen sonstiger Beschädigungen eine Schadenersatzforderung (z.B. übermäßig verschmutzter oder zerstörter Teppichboden), muss auch diese vom Er­ben erfüllt werden.

Bei bescheidenen Erbschaftssummen sollte also genau geprüft werden, ob und in welchem Um­fang sich Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis des Verstorbenen ergeben. Hier kann ein Grund liegen, die Erbschaft auszuschlagen.

Hannelore Senft
Rechtsanwältin und Notarin
auch Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Thema: Erbrecht

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