Mitverschulden wegen Blinkens?
Freitag, 15. August 2014 | Autor: Rechtsanwalt Pfelzer
Setzt der Vorfahrtsberechtigte den Blinker rechts, begründet dieses Blinken allein noch kein Vertrauen darauf, dass der Blinkende tatsächlich abbiegt. Sofern keine weiteren erkennbaren Anzeichen bestehen, die ein Abbiegen des Blinkenden wahrscheinlich machen, überwiegt bei einem Verkehrsunfall die Haftung des Wartepflichtigen. Der fälschlich blinkende Bevorrechtigte trägt allerdings ein Mitverschulden von 30 %. Dies hat aktuell das OLG Dresden bestätigt.
Im zu entscheidenden Fall war der aus der untergeordneten Straße kommende Verkehrsteilnehmer abgebogen. Auf der Vorfahrtsberechtigten Straße befand sich ein Verkehrsteilnehmer, der zwar nachweislich rechts geblinkt hat, jedoch tatsächlich nicht abbog sondern die Kreuzung passieren wollte. Es kam zum Unfall. Der von der untergeordneten Straße kommende Verkehrsteilnehmer forderte von dem anderen Fahrer Schadensersatz. Das Landgericht lastete dem vorfahrtsberechtigten lediglich ein Mitverschulden in Höhe von 30 % an und wies die weiteregehende Klage ab. Die zunächst eingelegte Berufung des Klägers nahm dieser nach entsprechenden Hinweisen des OLG zurück.
Nach Auffassung des LG und des OLG begründet allein das Setzen des Blinkers rechts durch den vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmer noch kein Vertrauen darauf, dass dieser auch tatsächlich abbiegt. Vielmehr müssten weitere Anzeichen hinzutreten, die für ein tatsächliches Abbiegen des Vorfahrtsberechtigten sprechen, insbesondere eine deutliche Geschwindigkeitsreduzierung des Blinkenden. Diese konnte im entschiedenen Fall jedoch nicht nachgewiesen werden. Der Vorfahrtsberechtigte verliert bei einem Verkehrsverstoß grundsätzlich nicht die Vorfahrt, muss sich allerdings ein Mitverschulden zurechnen lassen.
Die Entscheidungen des LG und OLG entsprechen im Wesentlichen auch den zuvor ergangenen Entscheidungen des OLG München und des LG Saarbrücken. Diese hatten bei ähnlich gelagerten Fällen, ebenfalls lediglich ein Mitverschulden des Bevorrechtigten angenommen, dass hinter dem Verschulden des aus der untergeordneten Straße abbiegenden Verkehrsteilnehmers angesetzt ist (zwischen 20 und 30 %). Lediglich dann, wenn weitere nachweisbare Anzeichen vorliegen, die ein Abbiegen wahrscheinlich machen, kann ein höheres Mitverschulden (bis hin zu 100%) in Betracht kommen.
OLG Dresden, 24.04.2014, Az.: 7 U 1501/13; OLG München, 06.09.2013, Az.: 10 U 2336/13; LG Saarbrücken, 07.06.2013, Az.: 13 S 34/13
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